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Aktualisiert 13.9.2023
VGH stoppt Kiesabbau im Bannwald. In einem sehr fundierten und bemerkenswerten vorläufigen Beschluss vom 31.7.2023 stoppte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Bund Naturschutz in Bayern e. V. den von der Gräfelfinger Firma Glück beantragten und vom Landratsamt München genehmigten Kiesabbau und die damit verbundene Rodung des Bannwalds in der Gemarkung Planegg: “Nach Art. 9 Abs. 4 Nr. 1 BayWaldG ist im Fall eines Bannwalds eine Rodungserlaubnis unbeschadet der Regelung in Art. 9 Abs. 6 BayWaldG zu versagen.”1
Vgl.: Kies
Rückläufiger Wohnungsbau. Die große bayerische Wohnungsbauinitiative (u. a. Wirtschaft, Immobilienbranche, Baugewerbe, Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt und Mieterbund) hat am 31.7.20923 in einem Positionspapier vor einer Verschärfung des Wohnungsmangels gewarnt. Die Baugenehmigungen in den ersten vier Monaten 2023 sind gegenüber dem Vorjahr um fast ein Drittel zurückgegangen. Von 70.000 in Bayern geplanten Wohnungen (davon 20.000 geförderte) sei man weit entfernt. Die Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau für 2024 sollen laut Bundesregierung 3,15 Milliarden Euro betragen, von 2025 bis 2027 jährlich 3,5 Milliarden Euro.2
Immobilienpreise stagnieren. Das IfW stellte wieder im ersten Quartal 2023 einen leichten Preisanstieg (plus 2,3 Prozent) bei Immobilien fest – bei gleichzeitigem Minus gegenüber dem Vorjahr. Über den Immobilienindex Greix werden reale Verkaufspreise in 18 Städten ausgewertet. Dem IfW zufolge könnten aber wieder Preisrückgänge folgen.3 – Der Greix-Index wurde im Mai 2023 von einem Kölner und Kieler Forscherteam eingeführt und wertet Immobilienpreise seit 1960 aus.4
Berlin plant Neubau-Boom. 2021 wurden etwa 293.400 Wohnungen neu gebaut, 2022 rund 295.300. Nachdem Fördermaßnahmen den Wohnungsbau nicht aktivieren konnten, will ihn Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) mit höheren Abschreibungsmöglichkeiten beim Bau von Mietwohnungen ankurbeln. Sie fordert von Finanzminister Christian Lindner (FDP), dass im Baujahr und für die drei Jahre danach je sieben Prozent der Baukosten von der Steuer abgesetzt werden können; in den nächsten vier Jahren jeweils fünf Prozent. Außerdem forderte Geywitz, “günstiger und schneller zu bauen”. Für den Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, machen staatliche Hilfen nur dann Sinn, “wenn dies mit einer Mietobergrenze der geförderten Häuser verbunden wird”.5
Da anscheinend diese schnelleren Abschreibungsmöglichkeiten von Finanzminister Christian Lindner (FDP) abgelehnt werden, protestierte der Präsident des Bauindustrieverbands, Peter Hübner, Vorstand des Baukonzerns Strabag und attackierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der sich nicht um die Wirtschaft kümmere.6
München zu teuer. Speziell im teuren München wird sich das Verhältnis vom Wohnungsbedarf zum Rückgang des Wohnungsbaus noch verschärfen. Laut Ludwig Dorffmeister vom Münchner Ifo-Institut ist die Lage im Hochbau seit Frühjahr 2022 rückläufig. Baugenehmigungen seien “in der Schublade” verschwunden, Insolvenzen im Baugewerbe steigen. Laut Josef Wallner vom Bayerischen Bauindustrieverband werden in München wie in Deutschland größere Wohnungsbauprojekte gestoppt, sofern dies möglich ist. “Die Preise sind jenseits dessen, was sich die Leute leisten können. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist derzeit unmöglich, gerade in Städten wie München, wo die Grundstückspreise so hoch sind.” Die Herstellungskosten einer Wohnung in München und anderen Brennpunkten sind sich von Mitte 2021 bis Ende 2022 um knapp 40 Prozent gestiegen; das Bauland hat sich in Städten über 500.000 Einwohnern in zehn Jahren um mehr als das Dreifache verteuert. Laut GdW ist inzwischen eine Nettokaltmiete von 18.10 Euro notwendig, um rentabel zu bauen. Gleichzeitig sind 2022 etwa 222.000 Menschen nach Bayern zugezogen, davon 77.000 nach Oberbayern.7
Stillstand am Nordbad. 2019 hatte die Ariston GmbH das Areal von Karstadt am Nordbad von Goldman Sachs gekauft. 2021 wurde das Kaufhaus abgerissen. Im Februar 2023 hatte der Immobilienunternehmer und Mitgesellschafter der Ariston GmbH, Stefan Pfender, versichert, mit dem Rohbau werde in einigen Monaten begonnen. Als nächstes werde die dreigeschossige Tiefgarage betoniert, und im Sommer 2025 soll der Bau bezugsfertig sein.8 Nun herrscht seit mehreren Wochen Stillstand an der Schleißheimer Straße 93. Die LBK teilte mit, es liege noch keine abschließende Baugenehmigung vor. Über erforderliche Umplanungen wäre “noch nicht final entschieden.9
Es wird interessant, wie viele Baustellen in München aufgrund gestiegener Kreditzinsen, nachlassender Konjunktur für Gewerbe- und Wohnungsbau und überschuldeter Investoren demnächst brach liegen werden.
Euroboden meldet Insolvenz an. Am 22. und 23.8.2023 sollten Anleihegläubigerversammlungen von Euroboden in München stattfinden: zwei Unternehmensanleihen mit 40 Millionen Euro (2019/2024, 5,5 % Verzinsung) und 75 Millionen Euro (2020/2025, 5,5 %). Diese wurden nun abgesagt. Am Freitag, den 11.8.2023 stellte die Euroboden GmbH beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, da die Verkaufsbemühungen für diverse Grundstücke kaum erfolgreich waren. Als Gründe wurden nicht mehr realisierbare Mittelzuflüsse, die hohen Zinsen, die nachlassende Nachfrage bei Käufern und die Zurückhaltung bei Finanziers genannt.10 – Der Notverkauf einiger Grundstücke für einen zweistelligen Millionenbetrag war gescheitert bzw. unwahrscheinlich geworden. “Die Restrukturierungsberater One Square Advisory, die Anwaltskanzlei Heuking Kühn und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger kritisierten die Pläne als nachteilig für die Anleihegläubiger.”11 – Insolvenzverwalter Oliver Schartl (Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen) will zunächst den Geschäftsbetrieb stabilisieren. Löhne und Gehälter der 47 Mitarbeiter seien über das Insolvenzausfallgeld gesichert.12
Pleitewelle geht weiter. Neben Euroboden haben auch der Düsseldorfer Projektentwickler Development Partner und die Project Immobilien Gruppe aus Nürnberg Insolvenz angemeldet. Anfang Juli 2023 ging der Düsseldorfer Investor Centrum in die Insolvenz; im November 2022 traf es den Projektentwickler Fakt AG aus Essen.13 – Ende August 2023 beantragte die Düsseldorfer Gerchgroup (u. a. ehemaliges Quelle-Versandzentrum in Nürnberg, ehemalige Zentrale von Schöller-Eis Erlangen-Nürnberg, “The Q”, “The Oval”) ein Insolvenzverfahren in Eigenregie: Projekte im Volumen von über vier Milliarden Euro sind gefährdet.14
Entmietungen München. Eigentum verpflichtet NICHT – augenscheinlich. Die beiden etwa 90 Jahre alten Anwesen Mauerkircherstraße 17 und 19 im Herzogpark mit 22 Wohnungen gehörten Hella von Bayern; nach deren Tod 2017 erbte ihr Adoptivsohn Wolfgang von Bayern die Anwesen. Dieser erhöhte die Mieten und verbot das Betreten des grünen Innenhofs mit der originellen Begründung, dieser diene “als Rückzugsgebiet für Insekten”. Der neue Eigentümer reichte drei Planvarianten bei der LBK ein, welche diese ablehnte. Daraufhin verkaufte er die Anwesen an einen Münchner Immobilieninvestor, der die Häuser an seine Söhne überschrieb und mit diesen eine Hausverwaltung gründete. Als nächstes teilten die neuen Eigentümer drei Wohnungen in möblierte WG-Zimmer auf: Ein neun (NEUN) Quadratmeter großes Zimmer wurde für 925 Euro im Internet inseriert: Dies entsprach dann einer Warmmiete von 102,78 Euro pro qm. Ein neuer Anbau mit fünf Geschossen und elf Wohnungen soll den Innenhof entsprechend versiegeln. Die neuen Eigentümer verschärften das Betretungsverbot des Hofes, verboten Kindern das Spielen und drohten bei Verstoß mit Hausfriedensbruch. Für vier Wohnungen sprachen die Eigentümer Eigenbedarfskündigungen aus: Zufällig waren diese zum Teil für die Ausbaupläne wichtig. Zwei weiteren Mieter wurden gekündigt: In einem Fall hatte ein schwer kranker Mieter die Miete nicht schnell genug überwiesen. Im zweiten Fall war eine Mieterin verstorben, deren Mann sie gepflegt hatte: Die Hausverwaltung kündigte dem Witwer, da hier keine Lebensgemeinschaft bestanden hätte.15
Nachtrag: MdL Robert Brannekämper (CSU) teilte nun mit, dass der Investor den Bauantrag für die fünfgeschossige Hofbebauung zurückgezogen hätte. In einem Brief an die Nachbarn teilte der Bauherr mit, dass das Bauvorhaben noch einmal im Gesellschafterkreis überdacht werden solle. Diesem gehören der 72-jährige Käufer und seine beiden Söhne an.16
Global steigende Immobilienpreise. Der Economic Experts Survey (EES), hat für Deutschland eine Preissteigerung für Immobilien von 7,2 Prozent errechnet. In einigen Regionen wie Ostafrika und Südasien rechnen die Experten sogar mit einem Anstieg von über 20 Prozent.17
Luxusschlaf im Moloch München. Neueste Hotels, teuerste Hotels, luxuriöseste Hotels. Der Königshof am Karlsplatz: Wurde von der Hoteliersfamilie Geisel 2021 an den Investor Inka (Inselkammer) verkauft. Betreiber Munich Hotel Partners. Erdgeschoss mit Luxusläden. Marriott City West: an der Landsberger Straße, Standardzimmer zwischen 220 und 509 Euro pro Nacht, beheizbare Toilettensitze, zwölf Suiten bis zu 143 qm, Ballsaal mit 1000 qm für bis zu 800 Besucher. Rosewood: Kardinal-Faulhaber-Straße, Gebäude der ehemaligen Bayerischen Staatsbank plus Palais Neuhaus-Preysing, Bauherr Bayerische Hausbau, Bausumme über 100 Millionen Euro. Betreiber Rosewood-Gruppe aus Hongkong mit Sitz im Steuerparadies Virgin Islands. Aussage des früheren Vorstands zum Münchner Projekt, man habe “überall die teuersten Zimmer”. Das billigste Zimmer kostet 2440 Euro pro Nacht. 132 Zimmer auf fünf Stockwerken mit 20.000 qm, 59 Suiten mit 40 bis 200 qm, Spa-Bereich mit 1300 qm.18
Der Ausbau der Münchner Hotelinfrastruktur geht ebenfalls grenzenlos weiter: zu Lasten der bestehenden und bescheideneren Hotels.
Chinesischer Superinvestor ist pleite. Der Immobilienkonzern Evergrande hat am 17.8.2023 in den USA Gläubigerschutz beantragt, da er seine Schulden nicht mehr bezahlen kann. Evergrande ist mit umgerechnet rund 300 Milliarden Euro das höchstverschuldete Immobilienunternehmen der Welt. Ein weiterer chinesischer Immobilienentwickler, Country Garden, hat in den USA zwei Zinszahlungen über 2,5 Millionen Dollar nicht geleistet.19 – Im ersten Halbjahr 2023 betrug der Verlust etwa 4,2 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum: 8,4 Milliarden Euro). Die Aktien des Evergrande-Konzerns waren bis 28.8.2023 um knapp 87 Prozent auf 0,22 Hongkong-Dollar geschrumpft. Der chinesische Projektentwickler Country Garden ist mit rund 179 Milliarden Euro verschuldet und hat vor dem Verlust von bis zu sieben Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2023 gewarnt.20
Standard EH-40 nicht zu erreichen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) stellte weitere Standardverschärfungen an Gebäuden für den Klimaschutz infrage. Im Juli 2023 haben 40 Prozent der mit Wohnungsbau befassten Unternehmen einen Auftragsmangel von 40 Prozent beklagt. Das Ifo-Institut stellte fest, dass jedes zehnte Wohnungsbauunternehmen Finanzierungsschwierigkeiten habe. Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht für Neubauten die Einführung des Energieeffizienzstandards EH-40 ab 1.1.2025 vor. Dieser würde wiederum Vorgaben zur Dämmung erhöhen und damit die Baukosten steigern.21
Weniger Baugenehmigungen = höhere Mieten? Der IVD Süd informierte am 28.8.2023, dass im ersten Halbjahr 2023 in Bayern 30 Prozent weniger Baugenehmigungen als im Vorjahreszeitraum erteilt wurden. Gründe sind u. a. steigende Baukreditzinsen, strengere Kriterien bei der Kreditvergabe, die hohe Inflationsrate und höhere Anforderungen beim Wohnungsneubau. Stephan Kippes vom IVD Süd: “Spürbare Mietpreisanstiege werden für viele Haushalte, nicht nur mit geringem Einkommen, die Suche nach einer passenden Mietwohnung weiter erschweren.”22
SPD will Mietenstopp für drei Jahre. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sollen die Mieten alle drei Jahre nicht mehr um 15, sondern nur um sechs Prozent erhöht werden. Die mit der Inflationsrate steigenden Indexmietverträge sollen am Anstieg der Nettokaltmieten ausgerichtet werden. Hohe Nebenkosten beim Kauf einer Wohnung sollen begrenzt werden: Der Käufer soll nur dann Maklergebühren zahlen, wenn er den Makler auch beauftragt hat. Der Energiestandard EH 40 bei Neubauten soll beibehalten werden.23
- Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 31.7.2023, 2CS 23.1138, M 9 S 22.4788 [↩]
- DPA, Wohnungsbauinitiative schlägt Alarm, in SZ 1.8.2023 [↩]
- Preisverfall bei Immobilien lässt nach, in spiegel.de 3.8.2023 [↩]
- Wilke, Felicitas, Jetzt steigen die Hauspreise wieder, in SZ 3.8.2023 [↩]
- Preuß, Roland, Szymanski, Mike, Steueranreize sollen Neubau ankurbeln, in SZ 3.8.2023 [↩]
- Verbandschef der Bauindustrie rechnet mit Habeck ab – “Kümmert sich nicht um die Wirtschaft”, in spiegel.de 15.8.2023 [↩]
- Hoffmann, Catherine, Einstürzende Neubauzahlen, in SZ 4.8.2023 [↩]
- Draxel, Ellen, Der Verkehr bereitet Sorgen, in SZ 28.2.2023 [↩]
- Kleber, Irene, Baustopp am alten Karstadt am Nordbad in München: Das ist der Grund, in abendzeitung-muenchen.de 9.8.22023 [↩]
- wallstreet-online.de, Euroboden GmbH stellt Insolvenzantrag, in 11.8.2023; Trauthig, Julian, Nächster Projektentwickler meldet Insolvenz an, in handelsblatt.com 11.8.2023; Euroboden muss in die Insolvenz, in immobilienmanager.de 11.8.2023 [↩]
- Euroboden meldet Insolvenz an, in SZ 12.8.2023 [↩]
- Insolvenzverwalter aus München übernimmt Geschäfte: So geht es bei Euroboden weiter, in spiegel.de 16.8.2023 [↩]
- Trauthig, Julian, Nächster Projektentwickler meldet Insolvenz an, in handelsblatt.com 11.8.2023; Essener Fakt AG ist insolvent, in immobilienmanager.de 11.11.2022 [↩]
- Ritzer, Uwe, Eine Lawine rollt über die deutsche Bauwirtschaft, in SZ 25.8.2023 [↩]
- Raff, Julian, 100 Euro pro Quadratmeter, in SZ 12.8.2023 [↩]
- Doch kein umstrittener Anbau im Herzogpark?, in SZ 16.8.2023 [↩]
- Experten rechnen mit weltweit steigenden Immobilienpreisen, in spiegel.de 17.8.2023 [↩]
- Kotteder, Franz, So schläft es sich in München de Luxe, in SZ 17.8.2023 [↩]
- Chinesischer Immobilienriese Evergrande erklärt sich in den USA für zahlungsunfähig, in spiegel.de 18.8.2023 [↩]
- Rekord-Kurssturz bei chinesischer Immobilienfirma Evergrande, in spiegel.de 28.8.2023 [↩]
- DPA, “Kein Allheilmittel”, in SZ 23.8.2023 [↩]
- DPA, Immobilienverband erwartet höhere Mieten, in SZ 22.8.2023 [↩]
- SPD will bundesdeutschen “Mietenstopp” für drei Jahre, in spiegel.de 27.8.2023 [↩]