Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Aurelis Real Estate GmbH

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Titelbild: © Wolfgang Zängl / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

„Die Aurelis Real Estate GmbH mit Sitz in Eschborn ist ein Immobilienentwickler und verfügt über ein Grundstücksportfolio von 10 Mio. m2 überwiegend aus dem ehemaligen Besitz der Deutschen Bahn. Zu den Tätigkeitsfeldern gehören Vermietung, Revitalisierung, Neubau, die Umwandlung ungenutzter Brachflächen zu erschlossenem Bauland sowie der Verkauf von Objekten und die Akquisition neuer Immobilien mit Wertschöpfungspotenzial. Die städtebauliche Neuordnung der Bahnkonversionen – Revitalisierung großer, innerstädtischer Areale – erfolgt aus dem v.g. Portfolio.“ (Wikipedia).
Die Deutsche Bahn gründete Aurelis im Jahr 2002. 2007 verkaufte sie Aurelis mit 27 Millionen Quadratmeter ehemalige Bahnflächen für 1,64 Mrd. Euro an ein Konsortium von Hochtief und Redwood Grove International von George Soros. 2014 verkaufte Hochtief 43 Prozent seiner Anteile an Redwood Grove International und 7 Prozent an einen unabhängigen Investor.

Neuaubinger Bahnwerk wird geschlossen. In Neuaubinger Bahnwerk wurden bis Ende 2001 Waggons von 450 Eisenbahn-Beschäftigten in einem sogenannten C-Werk überholt, Bauteile und Weichen repariert. 1300 Fernverkehrswaggons werden bald 500 Kilometer weiter zum nächsten C-Werk nach Delitzsch in Sachsen bewegt werden müssen. Da die Produktivität in Neuaubing sehr gut ist, mutmaßt die Belegschaft, dass in München ein leichteres Unterkommen der hiesigen Arbeitenden am Arbeitsmarkt der Grund ist – und der lukrative Verkauf des 200.000 Quadratmeter großen Bahnareals. Die Belegschaft erfuhr am 16.10.2000 aus der Presse, dass am 31.12.2001 Neuaubing zugemacht wird.1 Das Bahngelände wurde 2003 an den Immobilienentwickler Aurelis verkauft. Hier soll auf 86.000 qm das Wohngebiet Gleisharfe entstehen, dazu das Gewerbegebiet Triebwerk. Aus der Aurelis-Webseite: „Wir entwickeln die Fläche in enger Abstimmung mit der Landeshauptstadt München. Seit Anfang 2016 ist der Bebauungsplan rechtskräftig. Die neun Baufelder, die insgesamt 36.900 Quadratmeter Nettobauland umfassen, wurden bereits alle veräußert. Hier werden in rund 550 Wohneinheiten bis zu 52.000 Quadratmeter Geschossfläche entstehen.“

April 2013: Aurelis fordert dichtere Bebauung. Die Aurelis Real Estate GmbH war der größte Münchner Grundstücksentwickler und warnte im April 2013, dass München bis 2030 etwa 80.000 neue Wohnungen benötige: Aber nur für 50.000 gäbe es Flächen. Die Areale für Wohnungsbau werden im Stadtgebiet rar. Allein bis 2020 würde die Bevölkerung auf 1,6 Millionen Einwohner ansteigen. Gleichzeitig stockt der parallel nötige Aufbau der sozialen Infrastruktur etwa bei Betreuungseinrichtungen und Schulen.2

BN fordert Erhalt des Gleislagers: „Das Gleislager Neuaubing ist für seine Pflanzenwelt berühmt. Bayerische Botaniker besuchen das Gleislager, um dort nach Seltenheiten wie der Mondraute oder der Zottigen Fahnenwicke zu suchen. In den letzten Jahren ist der Biotop durch die angrenzende Bebauung (Möbel Höffner, Tennisplätze) bedrängt und beeinträchtigt worden. Die Pflege erfolgt ehrenamtlich durch eine Ortsgruppe des BUND Naturschutz, obwohl hier die öffentliche Hand in der Pflicht wäre. Immer wieder wird Müll abgelagert. Eine Schutzgebietsverordnung ist überfällig.“3

März 2017: Sanierung der Aubinger Bahnhallen. Der Immobilienentwickler Aurelis Real Estate GmbH hat 2003 auch große Teile der Aubinger Bahnanlagen von der Deutschen Bahn gekauft. Aus der Aurelis-Webseite: „Die Gleisharfe entsteht auf dem nördlichen Teil des ehemaligen Ausbesserungswerkes der Deutschen Bahn, mit Freizeitangeboten und vielfältigen Wohnformen für alle Generationen. Auf insgesamt neun Baufeldern sind rund 550 Wohneinheiten für ca. 1.200 Einwohner sowie zwei Kindertagestätten und eine Schule geplant.“4
Dazu wird das Ausbesserungswerk der Bahn zum Gewerbegebiet „Triebwerk“ umgebaut. Die historischen Backsteinbauten sind begehrt, denn alte Industriebauten in München („Red Brick-Charakter) sind selten: Zu viele wurden abgerissen. In die Werkhalle 4 kommt der Indoor-Spielplatz Wichtel-Werk. In die Werkhalle 51 ist ein Tischfabrikant eingezogen, in die Werkhalle 5 eine Boulder-Welt. In der Werkhalle 1 mit fast 23.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche sollen Büros oder Lagerraum entstehen. Einige Neubauten werden von Aurelis auch errichtet, z. B. eine Paketzustellbasis der Deutschen Post.5
Nachtrag Januar 2018: Das ehemalige Kesselhaus mit einer großen Dampfkesselanlage stammt aus dem Jahr 1906. In den Backsteinbau sollen etwa 2000 qm Büroraum eingebaut werden. Aurelis hat auf dem Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerkes etwa 140.000 qm Bauland und 110.000 qm Ausgleichs- und Grünflächen erworben.6
Nachtrag Oktober 2018: Auf den 400.000 qm baut Aurelis 500 Wohnungen für 1200 Bewohner auf der alten „Gleisharve“. Der „Business Campus“ besteht aus sieben Werkhallen und einem Kesselhaus („Triebwerk“) unter Denkmalschutz auf 140.000 qm im Süden des Areals. Hier ziehen „Kreative“ ein: u. a. die Boulderwelt mit einer Kletteranlage auf zwei Stockwerken, eine Tischfabrik, ein Indoor-Spielplatz, Krauss-Maffei mit den „Digital Service Solutions“. In einen Neubau kommt ein Verteilzentrum von DHL. 110.000 qm sollen als Biotop erhalten bleiben.7

Nachtrag Dezember 2019: Die Werkhalle 3 mit 9000 qm wurde entkernt, Dach und Klinkerfassade sind vor der Renovierung. Die ersten Bauabschnitte sollen Ende 2021 fertiggestellt sein.8

  1. Kastner, Bernd, Angst vor dem Abstellgleis, in SZ 22.2.2001 []
  2. Dürr, Alfred, Riedel, Katja, Der Kampf um die letzten freien Flächen, in SZ 30.4.2013 []
  3. https://bn-muenchen.de/themen/arten-biotopschutz/neue-schutzgebiete/ []
  4. https://aurelis.de/pressemitteilungen/vermarktungsauftakt-an-der-muenchner-gleisharfe/; abgerufen am 15.1.2022 []
  5. Remien, Andreas, Abgefahren, in SZ 17.3.2017 []
  6. Loft-Atmosphäre im Kesselhaus, in SZ 30.1.2018 []
  7. Viel Platz für Neues, in SZ 4.10.2018 []
  8. Draxel, Ellen, Schmuckstück-Sanierung, in SZ 2.12.2019 []
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