Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Schellingstraße 25 und 27

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Titelbild: © Wolfgang Zängl / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Vandalen wüten. Ende 2017 wurde der Komplex Schellingstraße 25 und 27 und Türkenstraße 60 in der Maxvorstadt mit 119 Wohnungen verkauft. Käufer war die Omega Schellingstraße 25/27 GmbH, eine Tochter des Münchner Immobilienunternehmens Omega AG. Die Omega Gruppe verfolgt aktuell in München die Projekte Munich Crowns, Neue Schiller und Das Haus am Mühlbach.1
Die Gebäude in der Schellingstraße 25 und 27 standen noch nicht unter Denkmalschutz, aber das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hatte schon einen Besichtigungstermin vereinbart. Dieser wurde aber auf Wunsch der Omega AG verschoben. Am 1.2.2018 kamen etwa 80 Bauarbeiter und brachen das historische alte Treppengeländer sowie die Stufen heraus. Auch Fenster wurden ausgebaut und gegen neue ausgetauscht, ein Metallgeländer im Hof abgeflext. Bernhard Kitzinger, dessen Familie in der Schellingstraße 25 seit 1892 ein Antiquariat führt, war außer sich: „Die haben systematisch historische Bausubstanz zerstört.“

„Notsicherung“. Die Omega Schellingstraße 25/27 GmbH informierte am 2.2.2018 die Mieter nachträglich über „Notsicherungsmaßnahmen“: Der Zustand des Hauses sei insgesamt kritisch, die Treppen seien nicht mehr verkehrssicher, es herrsche dort Sturz- und Absturzgefahr. Ralph Reinhold, der Vorstand der Omega AG, hat in einer Stellungnahme betonte, man habe sich selbstverständlich „als Eigentümer über die Legitimität der Maßnahmen erkundigt“; ein Experte habe keine Denkmalwürdigkeit erkannt. Reinhold führte eine angeblich vor Jahren erfolgte Brandschutzbeschau an, bei welcher sich Mängel bei der Verkehrssicherheit des Treppenhauses und des Brandschutzes ergeben hätten. Laut Reinhold stelle „die bloße Ankündigung eines Ortstermins durch das Denkmalamt (…) keinen hinreichenden Grund für eine Unterbrechung von laufenden Baumaßnahmen“ dar.

Mietergemeinschaft. Die Bewohner im Wohnkomplex haben daraufhin eine Mietergemeinschaft gegründet. 13 Mieter haben sich schriftlich geweigert, in den Austausch von Fenstern in den Bädern und den Eingangstüren einzuwilligen. Das Planungsreferat hielt im Übrigen die Abrissarbeiten im Treppenhaus für legal, da das Haus kein Denkmal sei und der Eigentümer Veränderungen durchführen dürfe.2

Geheime Absichten. Die neuen Stufen der neu eingebauten provisorischen Treppe waren aus billigen Baumarktbrettern, dazu unterschiedlich hoch und damit wirklich gefährlich. Am ungehobelten Handlauf zogen sich Mieter Holzsplitter ein. Der Rechtsanwalt der Omega AG unterrichtete von angeblich noch nicht entschiedenen Planungsverfahren. Bei einer Konkretisierung würden die Mieter selbstverständlich informiert. Im Planungsreferat wurde bislang – noch – kein Antrag auf Abbruch und Neubau abgegeben.3

Abriss und Neubau? Der Eigentümer des Komplexes bestätigte, dass er einen positiven Vorbescheid für Abriss und Neubau habe. Der Antiquar Bernhard Kitzinger äußerte dazu: „Die Stadt hat gesagt, dass sie das erlauben muss. Aber es dürfte nicht genehmigt werden.“4

Auszug nach 129 Jahren. Das Antiquariat Kitzinger war seit 1892 in der Schellingstraße 25 ansässig. Die diversen Verkäufe der Wohnhäuser (2017 Omega Schellingstraße 25/237 GmbH, Ende 2020 Josef Radlinger Maxvorstadt 1 GmbH) hat zu einer entsprechender Steigerung des Bodenwertes in zweistelliger Millionenhöhe geführt.5

  1. https://www.omega-gruppe.com/aktuelle-projekte; abgerufen am 28.1.2022 []
  2. Mühleisen, Stefan, „Die Kolonne von Vandalen hat alles zerlegt“, in SZ 27.2.2018 []
  3. Mühleisen, Stefan, Die unheimliche Ruhe nach dem Sturm,, in SZ 1.8.2018 []
  4. Mühleisen, Stefan, Lückenhafter Mieterschutz, in SZ 25.3.20 []
  5. Kramer, Lea, Und wieder packt einer Umzugskisten, in SZ 10.6.2021 []
Objekt-Nr. 12500

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