September 2002: Von 15 Wohnungen in dem Schwabinger Jugendstil-Anwesen stand im Sommer 2002 bereits die Hälfte leer. Mieter wurden durch diverse Maßnahmen vergrault. Am 16.9.2002 fand z. B. in drei leeren Wohnungen eine Ausstellungseröffnung statt. Veranstalter Raphael Röder vom Veranstaltungsbüro Rama hatte sie mit Euroboden abgesprochen und sogar den Ausschank genehmigen lassen: aber nicht die folgende Lärmbelästigung durch DJs und eine Liveband. Mieter hatten um 23.30, 0.30 und 1.30 Uhr die Polizei geholt, die jeweils nur kurz für Ruhe sorgen konnte. Erst um drei Uhr nachts war Schluss. Die verbliebenen Mieter befürchten, dass Euroboden auch sie vertreiben will. Einige Wohnungen standen bis zu zwei Jahre leer, und alle leer stehenden Wohnungen sind bereits im Verkauf. Das Wohnungsamt war informiert und hat den Leerstand registriert. Gewerbliche Nutzungen sind genehmigungspflichtig, jedoch keine zeitlich befristete Veranstaltung wie eine Ausstellung. Die Bezirksinspektion erwägt ein Bußgeld, sodass der Veranstalter Rama einen Rückzug andeutete.1
August 2003: Mieterin Christine Wachter bewohnt seit 20 Jahren ihre Zwei-Zimmer-Wohnung im 4. Stock, aus der sie nun geflüchtet ist. Das ganze Haus ist Baustelle: Überall dröhnt der Presslufthammerlärm. In ihrem Arbeitszimmer wurden Stahlträger eingebaut, um die Decke zu stützen. Auch hier wurde über der Wohnung von Frau Wachter das Dach abgerissen, es wurden provisorisch Planen verlegt. Das Wasser lief beim ersten Gewitterregen zwei Stockwerke hinunter. Ein städtischer Experte bestätigt, die Planen-Abdeckung sei entweder Pfusch – oder so gewollt“.
Euroboden erstellte eine Verkaufsbroschüre mit den Argumenten „herrschaftlich“, „aufwändige Sanierung“, den neugestalteten Penthäusern und blattgoldüberzogenen Mosaikfliesen. Für das 224-Quadratmeter-Penthaus verlangt Euroboden 1,5 Millionen Euro. Frau Wachter vermutete, dass ihre Wohnung ein Teil der Penthaus-Wohnung werden soll. Damit würde sich der Quadratmeterpreis bei ihr von 3300 Euro auf das Doppelte erhöhen.
Euroboden-Geschäftsführer Stefan Höglmaier hatte sie im März 2003 angeschrieben und versichert, dass ihre Wohnung auch während des Umbaus bewohnbar bleibe. Dann kam die Deckenabstützung – und ein Bohrer von der Außenseite in ihr Arbeitszimmer. Frau Wachter kam provisorisch bei Verwandten unter und arbeitete dort. Inzwischen hat sie eine Einstweilige Verfügung vor Gericht erwirkt, als auch noch ihre Wand in der Küche von nebenan durchgebrochen wurde. Der Vermieter Euroboden muss die Bewohnbarkeit der 56 qm wieder herstellen. Am nächstenTag wurden die Stahlträger ausgebaut, und durch die Trocknung wurde die Decke wieder trocken. Geschäftsführer Höglmaier erhöhte seine Auszugssumme auf 30.000 Euro und ließ seine Anwältin an Frau Wachter schreiben: „Mit Ihren haltlosen Anwürfen, falschen Verdächtigungen und Verleumdungen begehen Sie selbst fortgesetzt Straftaten.“
Mieter Frank Völker hatte eine Wohnung im Erdgeschoss, die ebenfalls unbewohnbar gemacht wurde. Der Baustaub drang durch ein Kaminrohr in seine Wohnung und überzog alles. Bauherr Euroboden und die Baufirmen schoben laut Mietergemeinschaft den Schwarzen Peter hin und her. Völker hatte die Polizei alarmiert, die den Vorgang als „Privatstreit“ deklarierte. Zwei Wochen lang wurden leerstehende Wohnungen für laute Vernissagen zur Verfügung gestellt, siehe oben.
Der Mieterbund München kennt diese Methode des Partyfeierns von Euroboden auch aus der Trogerstraße 44. Und in der Kreittmayrstraße 19 wurde ebenfalls das Dach abgerissen, sodass der Regen hereinströmte. Die 2. Vorsitzende des Mietervereins München, Gertraud Walter, berichtete von „Modernisierungen“ wie bei Euroboden, wo es während der Bauarbeiten zu „Unfällen“ kommt. Walter vermutet eher die Strategie der Entmietung dahinter.
Euroboden-Geschäftsführer Stefan Höglmaier wies den Vorwurf der Entmietung „entschieden zurück“. Während der Bauphase gebe es „hin und wieder Auseinandersetzung mit Bewohnern“. Aber nach Abschluss der Bauarbeiten seien die Bewohner dankbar über die Instandsetzung.
Sofern sie noch darin wohnen …
Im August 2003 lebte ein altes Ehepaar immer noch in der Hohenzollernstraße 113: Er war 81, sie 90 und pflegebedürftig. Sie haben mit Einschaltung des Mietervereins im Mai 2003 der Modernisierung widersprochen. Nun bekamen sie von Euroboden zwei Briefe: Sie sollten den Balkon wegen anstehender Demontage räumen und ihre Öfen nicht mehr benutzen, da eine neue Heizung eingebaut und der alte Kamin eingerissen wird. Im Erdgeschoss lebt die alleinerziehende Mutter zweier Kinder, Christine Grösch. Sie stand mit Geschäftsführer Höglmaier kurz vor der Einigung über die Modernisierungsmaßnahmen. Nun erhielt sie die Nachricht, dass ihre Wohnung verkauft wurde und der neue Eigentümer jetzt ihr Ansprechpartner sei.2
- Habit, Steffen, Mit Party-Lärm die Mieter gemobbt, in SZ 20.9.2002 [↩]
- Kastner, Bernd, Wenn die Angst die Menschen vertreibt, in SZ 18.8.2003 [↩]
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