Mein gesammeltes Zeitungsarchiv zur Entwicklung Münchens, das vor allem auf Artikel der Süddeutschen Zeitung basiert, beginnt 1982 und geht bis zur aktuellen Entwicklung 2021 und weiter. Es wird laufend aktualisiert, ist chronologisch geordnet und nach Jahren aufgeteilt.
Viele Entwicklungen sind nicht in der Chronologie verzeichnet, sondern im Kritischen Immobilien-Lexikon. Deshalb sind manche Zeitabschnitte nur peripher erwähnt. Durch den Umzug meines Archivs ist außerdem einiges Material verloren gegangen. Ich habe versucht, dies nachträglich zu recherchieren und zu ergänzen. Außerdem musste ich eine Auswahl der Informationen treffen, da dies sonst den Rahmen einer Webseite gesprengt hätte.
Alexander Mitscherlich schrieb 1965 in seinem Buch „Die Unwirtlichkeit unserer Städte – Anstiftung zum Unfrieden“: „Wir hatten Anlass, die Zerstörung unserer Städte zu beklagen – und dann die Form ihres Wiederaufbaus (…) Nur weil die Gewohnheit abstumpft, wenn Bäume fallen und Baukräne aufwachsen, wenn Gärten asphaltiert werden, ertragen wir alles so gleichmütig.“1
Es ist nicht verwunderlich, dass in der Debatte der frühen achtziger Jahre schon alle heutigen Probleme sichtbar wurden: Wohnungsmangel, immer höhere Mieten, immer weitere Ansiedlung von Gewerbe, Naturzerstörung etc. Selbst die Aufheizung von München durch Versiegelung und fehlende Grünflächen wurde bereits 1983 thematisiert.
Erwin Schleich: Die zweite Zerstörung Münchens
Der Münchner Architekt und Denkmalpfleger Erwin Schleich (1925 – 1992) nannte die furchtbaren Folgen des Zweiten Weltkriegs für das Stadtbild Münchens die erste Zerstörung Münchens. Er nannte sein 1982 erschienenes Buch „Die zweite Zerstörung Münchens“ und beschrieb darin den sogenannten „Stadtumbau“ der sechziger Jahre. (Schleich, S. 7) Dazu zählt Schleich unter anderem den „Jensenplan“ mit den Ergebnissen: „Maßlose Straßenschneisen, monströse Verkehrsbauwerke, Flächenabbrüche – Altstadtring Nord-Ost, Prinz-Carl-Palais-Tunnel, Isarparallele West an der Bogenhauser Brücke“. (S. 7. Der Stadtentwicklungsplan des Braunschweiger Städtebau-Professors Herbert Jensen von 1963 wies die Innenstadt und innenstadtnahe Wohngebiete als Geschäftsgebiet aus: Dort sollte es weniger Wohnungen, aber mehr Büros, Kaufhäuser und Verwaltungen geben. Dieser Plan wurde 1974 und 1982 etwas reduziert: In der Zwischenzeit waren aber bereits viele Baurechte erteilt worden.)2
Zur 800-Jahr-Feier 1958, so schreibt Schleich, „wurden 100 Bauwerke von historischem und baukünstlerischem Rang durch Tafeln gekennzeichnet. Sie wurden ‚ausgewählt‘, wie es in dem dazu erschienenen Führer heißt. Die Auswahl war ziemlich umfassend, denn recht viel mehr hat München heute nicht mehr.“
Es sind in dem Büchlein in der Tat die bekanntesten Denkmäler Münchens versammelt. Trotzdem wäre es einer Recherche würdig, nachzuprüfen, wie viele von diesen 100 Bauwerken bis 2021 vernichtet wurden.
Die dritte Zerstörung Münchens
Im Jahr 2022 ist es nur zu gerechtfertigt, von einer dritten Zerstörung Münchens sprechen. Sie begann spätestens ab dem Jahr 2000 – durch Spekulation und Geldgier, durch Baulöwen und Investoren, durch Wachstumswahn und die immer weitere Ansiedlung von Konzernen, die Zerstörung der letzten alten Häuser und gewachsener Strukturen, der letzten Grünflächen und Naturräume. Und natürlich verschärfen sich die sozialen Probleme.
Chronik der Zerstörung
Die Eingemeindungen3
Bis 1900: Haidhausen 1854, Giesing 1854, Au 1854, Ramersdorf 1864, Untersendling 1877, Schwabing 1890, Neuhausen 1890, Bogenhausen 1892, Nymphenburg 1899, Laim 1900, Thalkirchen 1900 (München hatte nun knapp eine halbe Million Einwohner.)
Bis 1932: Teilgebiet Großhadern 1905, Teilgebiet Moosach 1906, Teilgebiet Freimann 1907, Forstenried 1912, Milbertshofen 1913, Moosach 1913, Oberföhring 1913, Berg am Laim 1913, Teilgebiet Feldmoching 1922, Daglfing 1930, Perlach 1930, Freimann 1931, Trudering A 1932.
Bis 1945: Gemeindeteil Riem 1937, Gemeindeteil Haar 1937, Feldmoching 1938, Solln 1938, Großhadern 1938, Pasing 1938, Obermenzing 1938, Untermenzing 1938, Allach 1938, Ludwigsfeld 1938, Gröbenzell 1938, Aubing 1942. Langwied 1942, Lochhausen 1942 (Gröbenzell wurde am 1.8.1952 aufgrund einer Abstimmung wieder ausgemeindet).
Nach 1945: Teilgebiet Perlach 1954, Wohnlager Frauenholz 1962, Teilgebiete Riem und Feldkirchen (Vergrößerung Flughafen Riem).
Seit geraumer Zeit wird in der Münchner Stadtpolitik wieder die Forderung nach neuen Eingemeindungen erhoben.
- Mitscherlich, Alexander, Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden, Frankfurt 1965, S. 10 [↩]
- „Renditeknüller“ an der Pappdeckel-Meile“, in Der Spiegel 29.8.1982 [↩]
- Wikipedia, Eingemeindungen in die Stadt München, abgerufen am 19.12.2021 [↩]