Aktualisiert am 8.8.2022
Zur Historie. Letztlich war die Alte Akademie ein Produkt der Auseinandersetzung der Katholischen Kirche mit dem Protestantismus. 1585 wurden die Arbeiten begonnen für das Jesuitenkolleg (Wilhelminum), heute Alte Akademie. 34 Bürgerhäuser mussten für den Komplex abgebrochen werden. Zwischen der Ett-, Maxburg- und Kapellenstraße und der Neuhauser Straße wurden die St. Michaelskirche, das Augustinerkloster und das Jesuitenkolleg errichtet. „Die Aufhebung des Jesuitenordens erfolgte im Jahr 1773 durch Papst Clemens XIV. auf Druck der Könige von Frankreich, Spanien und Portugal.“ (Wikipedia). Danach wurden diverse königliche und staatliche Institutionen untergebracht. 1944 wurde bei einem Bombenangriff der Alliierten die Alte Akademie bis auf Fassaden-Fragmente zerstört. Der Architekt Josef Wiedemann leitete in den fünfziger Jahren den Wiederaufbau. Bis 2012 war das Bayerische Statistische Landesamt hier untergebracht.1
Signa-Gruppe übernimmt. Im September 2013 kaufte die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko die Mehrheit an der Karstadt-Premium-Group mit den Kaufhäusern Kadewe Berlin, Alsterhaus Hamburg und Oberpollinger München. Im Dezember 2013 hat die Signa Holding vom Bayerischen Staat ein 65 Jahre andauerndes Erbbaurecht für die Alte Akademie mit etwa 6055 qm Grund und 30.000 qm in der Münchner Fußgängerzone für 230 Millionen Euro erworben. Die Alte Akademie stammt aus dem 16. Jahrhundert und hat eine Renaissance-Fassade. Hier befand sich das Jesuiten-Gymnasium.2
Erhalt der Arkaden gefordert. Bei drei Gegenstimmen sprach sich die 27-köpfige Stadtgestaltungskommission im September 2019 für den Erhalt der historischen Arkaden der Alten Akademie aus. Der Stadtrat hatte zuvor beschlossen, die Arkaden an der Kapellenstraße zu beseitigen und die Passage an der Neuhauser Straße um 50 Prozent zu verengen.3
März 2020: Umbaupläne. Künftig sollen 10.000 qm in der Alten Akademie dem Einzelhandel zur Verfügung stehen. Dazu werden in den oberen Etagen etwa 5500 Quadratmeter Büroraum entstehen, ausreichend für 300 Arbeitsplätze sowie 60 frei vermietbare Wohnungen zwischen 40 und 140 qm und 2500 qm für eine Gastronomie. 2023 soll der Umbau beendet sein.4
Die Architekten des Umbaus, das Büro Morger Partner aus Basel, wollten die Arkade zur Neuhauser Straße zunächst von acht auf fünf Meter verschmälern. Signa wollte aber noch mehr Fläche für den Innenraum. Die CSU-SPD-Mehrheit im Stadtrat beschloss dann die komplette Schließung der Arkade an der Kapellenstraße und die Verschmälerung der Arkade an der Neuhauser Straße von acht auf 4,80 Meter. Das Münchner Forum nannte 2018 diese Entscheidung der Stadt „die endgültige Kapitulation der Stadtplanung vor einem Investment-Klüngel“.4 – „Die Pläne des Investors, die Arkaden an der Neuhauser Straße zu verschmälern und an der Kapellenstraße zu entfernen, denen der Stadtrat zwischenzeitlich zugestimmt hatte, stießen auf breite Kritik. Das Münchner Forum und die Stadtgestaltungskommission forderten, die Arkaden zugunsten des öffentlichen Raums in der bisherigen Form zu erhalten. Der im Februar 2020 durch den Stadtrat beschlossene Bebauungsplan griff die Kritik auf und legte entgegen vorheriger Planung die Beibehaltung aller drei Arkaden verbindlich fest.“ (Wikipedia)
Nun liegt die Hauptnutzung der Alten Akademie auf 10.000 qm beim Einzelhandel. In oberen Etagen werden 5500 qm Büroflächen eingerichtet, etwa 300 Arbeitsplätze. Dazu gibt es 60 Wohnungen von 40 bis 140 qm und 2500 qm für Gastronomie. 2023 soll alles fertig sein.4
Alte Akademie gehört Luxemburger Signa-Firma. Das Recherche-Team der SZ hat im Rahmen der Open Lux Investigation den Signa-Konzern unter die Lupe genommen. In Luxemburg sind über 130 Gesellschaften gemeldet, die zur Signa Holding gehören. Im Gewerbegebiet nahe dem Flughafen liegt das Airport-Center. René Benko hat hier zwei Briefkästen: Die Alte Akademie Holding S.a.r.l. steht auf einem der beiden.5
Preisrekord durch Novartis. Der Signa-Konzern teilte am 16.11.2021 mit, dass der Schweizer Pharmakonzern Novartis 9350 qm Bürofläche in der Alten Akademie angemietet hat. Der Münchner Immobilienbranche zufolge liegt der Mietpreis bei 50 Euro pro qm. Laut Novartis überzeuge München „mit einem attraktiven Arbeitsmarkt“.6
Ausschenken im Schmuckhof. An der Neuhauser Straße 8 liegt der Schmuckhof der Alten Akademie. Die Signa-Planungen sehen über die Hälfte als Freischankflächen für die drei Lokale vor. Der BA Altstadt – Lehel empfiehlt dagegen die nichtüberdachten Flächen als konsumfreie Aufenthaltsgärten. Bei einer Besprechung mit Planern und Investor kritisierte Stefan Blum (CSU), der Schmuckhof verkomme durch die Bestuhlung zur “Karikatur”. Für die 53 vorgesehenen Wohnungen müsste Signa einen Kinderspielplatz bauen: Die Stadt hat aber aus Denkmalschutzgründen eine Befreiung gegen Zahlung einer Ablöse erlaubt.7
Alte Akademie im Signa-Schlussverkauf. Der Spiegel brachte Ende Juli 2023 einen großen Artikel zum Signa-Sommerschluss-Rausverkauf. Zum Verkauf stehen u. a.: die Kärntnerstraße 11 in Wien (verkauft), das Bauprojekt Mynd, das Bürohaus Glance und das Bürohaus Beam in Berlin, der Hochhauskomplex am Berliner Alexanderplatz (an Commerz Real verkauft), das Hamburger Kaufmannshaus, eine Liegenschaft in der Wiener Mariahilfer Straße, Bürohäuser am Hamburger Gänsemarkt und Zwei hoch fünf in Stuttgart. Dazu die “Kronjuwelen” wie die Alte Akademie in München, die Hauptwache in Frankfurt, der Berliner Hermannplatz, der Hamburger Elbtower (Commerz Real hält aktuell 25 Prozent). Die Europäische Zentralbank untersucht unterdessen die Hausbanken von Signa. In Wien wird gegen Benko wegen Bestechung ermittelt, im österreichischen Parlament im Kika/Leiner-Komplex wegen Insolvenzverschleppung. (Die Möbelkette wurde 2018 von Signa gekauft, die dann 40 Kaufhausimmobilien verkaufte und über einen Mittelsmann Insolvenz angemeldet). Dazu steht im Spiegel-Artikel: “Hierzulande erweckt der Fall Kika Erinnerungen an das mit Staatshilfen gesponserte Galeria-Siechtum. Über Jahre hatte Benko die Kaufhauskette nach dem Erwerb ausbluten lassen, gleich zweimal binnen gut zwei Jahren Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, nebenher fast 700 Millionen Euro Steuergeld zur Rettung eingesammelt – und dieses in kürzester Zeit verbrannt.”8
Vgl. auch: Signa; Alte Akademie live
- Görl, Wolfgang, Entkernt, in SZ 3.2.2018 [↩]
- Dürr, Alfred, Aus Alt mach ganz was Neues, in SZ 27.5.2014 [↩]
- Alte Akademie: Experten wollen Arkaden erhalten in SZ 18.9.2019 [↩]
- Krass, Sebastian, Knirschend zum Kompromiss, in SZ 2.3.2020 [↩] [↩] [↩]
- Bovensiepen, Nina, Much, Mauritius, Spinrad, Viktoria, Beste Lage, in SZ 8.2.2021 [↩]
- Hoffmann, C., Krass, S., Novartis zieht in der Alten Akademie ein, in SZ 17.11.2021 [↩]
- Raff, Julian, Kaum ein Plätzchen ohne Konsumzwang, in SZ 25.2.2022 [↩]
- Book, Simon, Gnirke, Kristina, Reinhart, Sebastian, Der Fall des Ösigarchen, in Der Spiegel 31/29.7.2023 [↩]
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