Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Aktualisiert 9.5.2022

Und noch eine Institution soll rein nach München. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will – auch im Hinblick auf die Vergabe der IAA nach München -, für 500 Millionen Euro ein Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft in München ansiedeln. Laut Scheuer sollen „Mobilität und Digitalisierung“ zusammengebracht und die Entwicklung alternativer Kraftstoffe vorangetrieben werden. Dazu wird die wichtige Frage gehören, so Scheuer, „welche Hauptbahnhöfe ertüchtigt werden müssen, damit auch Drohnen und Flugtaxis landen können“. Zu diesem Zentrum sollen ein Forschungszentrum mit Werkstätten, ein Praxiscamp und mehrere Lehrstühle gehören. Entwicklungsschwerpunkte seien unter anderem Wasserstofftechnologien, synthetische Kraftstoffe, innovative Logistikkonzepte und vor allem auch digitale, plattformbasierte Mobilitätskonzepte.
Mit Münchens Stadtspitze und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sollen geeignete Grundstücke gefunden werden. Münchens OB sei noch nicht informiert. Scheuer: „Aber ich gehe mal davon aus, dass man sich in der Landeshauptstadt sehr freuen wird.“1
Unsereins freut sich nicht!!!

Freihändige Vergabe nach München. Kritik erfolgte von der Opposition im Bundestag: Die Vergabe nach München war ohne Diskussion über einen anderen Standort erfolgt. „Auf Nachfragen zur Auswahl des Standortes München teilt die Regierung mit: ‚Es liegt kein vergaberechtlich relevanter Vorgang bei der Standortfestlegung oder eine Pflicht zur Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens vor.‘ Die unmittelbare Nähe zum digitalen Testfeld entlang der Bundesautobahn A 9 sowie zur Internationalen Automobil-Ausstellung seien Faktoren für die Metropolregion München als Standort der Zentrale des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft gewesen, heißt es weiter.“2

Mobilitäts-Popanz. Am 20.1.2021 traf sich virtuell auf Einladung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) der Gründungsbeirat des DZM unter Vorsitz des früheren Präsidenten der TUM, Wolfgang A. Herrmann (CSU). Das DZM soll Deutschland „zum international führenden Ort nachhaltiger und in die Zukunft gerichteter Mobilität“ machen. Scheuer: „Wohlstand morgen gibt es nur mit Innovation jetzt.“ – „kreativ, interdisziplinär und innovativ zukunftsweisende Mobilitätskonzepte“ sollen erdacht werden mit den möglichen Schwerpunkten „Wasserstofftechnologien, synthetische Kraftstoffe, innovative Logistikkonzepte und digitale, plattformbasierte Mobilitätskonzepte“. Von 2021bis 2024 stehen 322,55 Millionen Euro zur Verfügung. Mitglieder im Beirat des DMZ sind u. a. Hildegard Müller (Präsidentin VDA), Dieter Reiter (OB München) sowie Vertreter/innen von Technischen Hochschulen und Forschungsinstituten, Siemens AG, IG Metall, Deutsche Bahn, Lufthansa, Airbus.3

„Munich Urban Colab“. So heißt nun das Projekt des glücklosen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). Die Kosten sollen immer noch bei 500 Millionen Euro liegen, der Standort ist nach wie vor in München geplant, die Zahl der Mitarbeiter soll um die 95 betragen. Die Adresse des mit üppigem Staatsgeld ausgestatteten Start-ups: Freddy-Mercury-Straße 5, 80797 München.4 Der Vorsitzende des Gründungsbeirats wird der jahrzehntelange Präsident der TUM, Wolfgang Herrmann (CSU). Der grüne Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler bemängelte das fehlende Konzept und stellte es unter dem Aspekt Umgang mit Steuergeldern auf eine Ebene mit dem Maut-Debakel: „Die Mobilitätsforschung in Deutschland stärkt man nicht mit einem teuren CSU-Wahlgeschenk.“5

Zentrum vor dem Aus? Der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte mit dem Zentrum einen “Leuchtturm mit internationaler Strahlkraft” angekündigt und 400 Millionen Euro für die nächsten Jahre versprochen. “Die Weltöffentlichkeit blickt auf Deutschland an diesem Tag”, so Scheuer im August 2021. Grüne und FDP bezeichneten das Zentrum als CSU-Wahlgeschenk. Dann kam die Bundestagswahl. Die neue Ampel-Koalition kürzte die für das erste Jahr vorgesehenenen 44,5 auf 10 Millionen Euro. Auch die für die nächsten drei Haushaltsjahre vorgesehenen 278 Millionen Euro werden nicht fließen. Seit Oktober 2021 gab es keine Pressemitteilungen des Zentrums mehr. Die Mittelkürzungen bezeichnete der neue bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) als “Schlag gegen Bayern”. Im Münchner Stadtrat unterstützten außer der FDP und Die Linke/Die Partei alle Fraktionen das Projekt nach wie vor.6

  1. Für 500 Millionen Euro: Scheuer plant Mobilitätszentrum in München, in spiegel.de 7.3.2020 []
  2. PM Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft, 9.6.2020, www.bundestag.de []
  3. PM 005/2021, Aufbau des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft geht voran, bmvi.de, 20.1.2021 []
  4. https://www.munich-urban-colab.de/ []
  5. Balser, Markus, Zentrum der offenen Fragen, in SZ 24.8.2021 []
  6. Balser, M., Glas, A., Hoben, A., Zentrum ohne Zukunft, in SZ 28.4.2022 []
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