Moloch München Eine Stadt wird verkauft

Georg-Kronawitter-Platz

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Titelbild: © Oswald Baumeister / Gesellschaft für ökologische Forschung e.V. []

Früher: Sattlerplatz, in der Altstadt zwischen Fürstenfelder Straße und Färbergraben gelegen. Umbenannt nach dem früheren OB Georg Kronawitter (1972 – 1978, 1984 – 1993)
Bürgerversammlung will keine Bebauung. Im Frühjahr 2019 forderten Altstadtbewohner die Freihaltung des Platzes. Die LH München will aber einen 31 Meter hohen Mittelblock für Geschäfte und Büros und auf dem Grundstück des jetzigen Postgebäudes im Osten ein Hotel bauen. Das jetzige Parkhaus im Westen soll abgerissen werden: Hier ist ein Neubau des Bekleidungshauses Hirmer geplant. Der Denkmalschutz ist gegen die Neubaupläne. Im September 2020 wird der neue Bebauungsplan vom 9.9. bis 9.10.2020 an diversen Stellen ausgelegt, der in einem beschleunigten Verfahren nach § 13a des Baugesetzbuches aufgestellt wird.1

Promi-Architektur. Es ist interessant, dass in München anscheinend immer öfter prominente Architekten engagiert werden, um Bauprojekte durchzubekommen. Investor Ralf Büschl will mit den Herzog & de Meuron-Hochhäusern an der Paketposthalle die Kritik an der überbordenden Nutzung zum Schweigen bringen. Am Georg-Kronawitter-Platz sollen das alte Postgebäude und das Parkhaus abgerissen werden: Für die zwei neuen Kopfbauten wird Stararchitekt
Sir Norman Foster engagiert. Die beiden Kopfbauten sollen 28 Meter hoch werden, die rückspringenden Dachgeschosse erreichen 28 Meter. Eine dreigeschossige Tiefgarage mit 360 Pkw-Stellplätzen wird dem Verkehrsplaner Tobias Steurer zufolge den Pkw-Verkehr um 50 Prozent erhöhen.2

Streit zwischen Stadt und Hirmer-Gruppe (1). Der Stadtrat hat 2017 entschieden, dass das bisherige Parkhaus von Hirmer Immobilien in Erbbaurecht übernommen wird, die dort neu bauen will. Das Kommunalreferat ließ für das Areal ein Wertgutachten erstellen, das um kolportierte 70 Millionen Euro höher lag als ein Gutachten im Auftrag der Hirmer Immobilien. Am 27.1.2021 sollten die Hirmer-Pläne in die Stadtgestaltungskommission kommen: Der Punkt verschwand aus der Tagesordnung. Hirmer will einen Kopfbau auf dem bisherigen Parkhaus-Areal bauen und 60 Prozent selbst nutzen, dazu sollten Gewerbeflächen und Wohnungen entstehen. Der Immobilienunternehmer Hans Hammer, seit 2020 CSU-Stadtrat, ist Partner von Hirmer.3

Streit zwischen Stadt und Hirmer-Gruppe (2). Die Dritte Bürgermeisterin und Vorsitzende des Kommunalausschusses, Verena Dietl (SPD), betonte, dass das Bewertungsamt den Erbpachtzins festlegt. Es wird in Münchner Immobilienkreisen gemunkelt, dass der Zuschlag an Hirmer unter dem damaligen Wirtschaftsreferenten Josef Schmid (CSU) in den Sommerferien 2017 sehr diskret erfolgte. Hirmer habe das Grundstück quasi zugeschanzt bekommen und würde nun auch noch um den Preis feilschen. Hans Hammer, Vorstandsvorsitzender des Münchner Immobilienunternehmens Hammer AG, Stadtrat der CSU, war damals und heute Schatzmeister der Münchner CSU und kooperiert beim Georg-Kronawitter-Platz mit Hirmer. Dessen Sprecher Jörg Fleischer antwortete zur Rolle von Stadtrat Hammer bei den Gesprächen mit der Stadt, er sei „irritiert“. Frage zu etwaigen Anteilen Hammers am Hirmer-Projekt oder nach einem Beratungshonorar für Hammer beantwortete Fleischer nur so, dass Hammer seit zehn Jahren im Beirat der Firmengruppe ist.
Clemens Baumgärtner (CSU), Schmids Nachfolger als Wirtschaftsreferent, betonte, es sei alles korrekt abgelaufen. Das Bewertungsamt hat das fragliche Grundstück als A-Lage klassifiziert: Hirmer ließ ein Gutachten erstellen, das zu einer niedrigeren Bewertung kommt. Hirmer würde einen Erbpachtvertrag über 60 Jahre bekommen und dürfe die Gewerbeflächen zu 40 Prozent untervermieten. Die Bindungsfrist für die Eigennutzung läuft aber über den Zeitraum von zehn Jahren. Das ehemalige Postgebäude mit kleiner Platzfläche wurde an die Inselkammer-Gruppe verkauft, die zwei Gebäude errichten würde.4
Grüne/Rosa Liste, FDP und Bayernpartei forderten Hans Hammer im Stadtrat zu größtmöglicher Transparenz auf. CSU-Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl erklärte, die Fraktion hätte vereinbart, dass Hammer in keinem Stadtratsausschuss ist, der mit seinen Immobiliengeschäften etwas zu tun hat.5

Interessenskonflikt angezeigt. Auf drei Seiten vom 19.2.2021 an die Stadtspitze und die Verwaltung legte der Immobilieninvestor und CSU-Stadtrat Hans Hammer dar, dass er seinen möglichen Interessenskonflikt wegen seiner Tätigkeit für die Hirmer Gruppe frühzeitig angezeigt habe. Die Hirmer-Gruppe und die Hammer AG sind zu gleichen Teile am Projekt ehemaliges Hirmer-Parkhaus am Georg-Kronawitter-Platz beteiligt: Für ihren Bau würde eine Projektgesellschaft gegründet. Hammer agiere hier nicht als Stadtrat. In dem Schreiben deutet Hammer einen möglichen Rückzug aus dem Projekt ein, sollte der vom Bewertungsamt festgesetzte Erbpachtzins auf 60 Jahre zu hoch sein. Vom Georg-Kronawitter-Platz selbst würde übrigens nach dem Bebauungsplan nicht mehr viel an Platz übrig bleiben: maximal etwa 50 x 10 Meter. Das ehemalige Parkhaus würde von Hirmer mit Gewerbe und Wohnen bebaut; die Inselkammer-Gruppe würde auf dem jetzigen Platz einen Gewerbebau und auf dem Areal des ehemaligen Postamts ein Hotel mit Gastronomie und Handel errichten.6

Hammer: Rückzug angedroht. CSU-Stadtrat Hans Hammer hielt den vom städtischen Bewertungsamt ermittelten Erbbauzins (auf 60 Jahre) um einen höheren zweistelligen Millionenbetrag auch im März 2021 zu hoch. Er deutete an, dass Hirmer und er sich zurückziehen könnten. SPD-Fraktionschef Christian Müller würde dies bedauern. Für CSU-Stadtrat Alexander Reissl wäre dies ein „herber Rückschlag“. FDP-Fraktionschef Jörg Hoffmann würde einen Rückzug bedauern. Die Fraktion von ÖDP und FW forderten eine neue – und diesmal transparente – Ausschreibung. Die Linke warnte das Kommunalreferat, sich unter Druck setzen zu lassen und die Ermittlung des Bewertungsamtes infrage zu stellen.7

Schöner als vorher? Das hässliche Hirmer-Parkhaus und das verlassen erscheinende Postgebäude am Georg-Kronawitter-Platz: Da könnte es durch die Investoren Hirmer/Hammer und Inselkammer nur besser werden? Das Juwel am Platz wurde abgerissen: das Schwarze Haus: „Der sechsstöckige Stahlskelettbau mit schwarzer Aluminium-Glas-Fassade wurde 1963-1970 von Detlef Schreiber, Herbert Groethuysen und Gernot Sachsse nach Vorbild der Bauten von Mies van der Rohe entworfen. Nach dem Umzug des Verlags in das SV-Hochhaus an der Hultschinerstraße 8 in Bogenhausen wurde 2008 mit dem Abbruch des Gebäudes begonnen. Daran konnte auch ein Gutachten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Frühjahr 2007 nichts ändern, das die Denkmaleigenschaft des Gebäudes festgestellt hatte. In der Fachwelt galt der Bau als eines der herausragenden Beispiele der Nachkriegsarchitektur in München. 2009 war das Gebäude dann abgerissen.“8
Nicole Inselkammer ist im Vorstand der Inka AG für Beteiligungen9 und damit zuständig für deren Münchner Liegenschaften: u. a. der Neuhauser Straße 5 (ihrem Sitz), der Kaufingerstraße 11, dem Caféhaus Tambosi, dem Hotel Königshof am Karlsplatz und dem Postgebäude mit Vorplatz auf dem Platz. Die Inka Holding soll zwei der drei Neubauten errichten: auf dem ehemaligen Post-Grundstück und – nach Tausch mit der Stadt -, auf dem Mittelteil des Platzes (Der Vorplatz ginge dann an die Stadt.) In der Mitte ist ein 31 Meter hoher Gewerbebau geplant: wieder einmal vom Promi-Architekt Norman Foster (oder wer immer in seinem Büro die Pläne zeichnet). Hier soll ein neuer Apple-Store einziehen, der wesentlich größer sein soll als der bisherige (schon jetzt riesige!) Apple-Store in der Rosenstraße 1.10
Wie schon oben erwähnt: Der Georg-Kronawitter-Platz wird danach eher umbenannt werden müssen: in Georg-Kronawitter-Plätzchen.

Schachereien am Georg-Kronawitter-Platz. Der Stadt gehört das Grundstück mit dem Hirmer-Parkhaus, das sie im Erbbaurecht an die Investoren Hirmer und Hammer AG übergeben möchte. An die Stelle des Parkhauses soll eine Filiale des Modehauses Hirmer und Wohnungen errichtet werden. Die Hammer AG (von CSU-Stadtrat Hans Hammer) kritisierte den ihrer Ansicht nach zu hohen Erbpachtzins. Da Hans Hammer 2020 der Wahlkampfleiter der OB-Kandidatin Kristina Frank war, zog sich Frank aus diesem Kommunalverfahren zurück.11

  1. Neff, Berthold, Mittelblock geplant, in SZ 3.9.2020 []
  2. Raff, Julian, Firsthöhe setzt Akzente, in SZ 2.10.2020 []
  3. Krass, Sebastian, Differenz von vielen Millionen Euro, in SZ 27.1.2021 []
  4. Krass, Sebastian, Ein Grundstück, ein Wert, keine Ausnahme, in SZ 17.2.2021 []
  5. Krass, Sebastian, Hammer soll Klarheit schaffen, in SZ 18.2.2021 []
  6. Krass, Sebastian, Teure Lage, in SZ 3.3.2021 []
  7. Krass, Sebastian, Männerhaus in bester Lage, in SZ 16.3.2021 []
  8. https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzes_Haus_(M%C3%BCnchen) []
  9. http://www.inkaag.de/ []
  10. Krass, Sebastian, Unort vor Umbruch, in SZ 27.5.2021 []
  11. Krass, Sebastian, Ultimatum im Zentrum, in SZ 12.1.2022 []
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