Aktualisiert 28.4.2022
Die Linke prangert Leerstände an. Die Linke hat über Monate dauerhaft leer stehende Wohnungen recherchiert und 150 Fälle gesammelt. Z. B. einen Wohnblock des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, ein denkmalgeschütztes Haus in der Steinheilstraße, ein Altbau-Hinterhaus in der Herzogstraße. Im Stadtrat will Die Linke von OB Dieter Reiter (SPD) wissen, ob diese Fälle der Verwaltung bekannt sind. Auf der Leerstandsmeldeplattform (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat/Wohnungsamt/Raum-fuer-Muenchen.html) wurden 2019 403 Fälle gemeldet. So stehen in einem Wohnblock in der Zietenstraße in Milbertshofen vermutlich 50 von 200 Wohnungen leer, viele Mieter hätten aus Angst vor Entmietung das Haus verlassen.1
Leerstände in Schwabing und der Maxvorstadt. Die vier Stadträte von Die Linke haben zehn Fälle von Leerstand aufgelistet, u. a.: Occamstraße 1, Marktstraße 1, Wilhelmstraße 27, Barer Straße 77, Türkenstraße 50 und 66/Schellingstraße 25 und 27.
Zur Occamstraße 1: Das Gebäude ist seit 2018 im Besitz der „Altschwabing Projekt GmbH“, Trogerstraße. Geschäftsführer ist Rechtsanwalt Michael Georg Sachs.2 Der Eigentümer wollte das Gebäude sanieren und aufstocken sowie Balkone anbauen, aber der Denkmalschutz untersagte dies. Das Sozialreferat rechnet hier mit einem Anstieg des Bodenwerts um 14 Prozent pro Jahr. Im Fall Wilhelmstraße 27 liegt ein Antrag auf Abbruch und Neubau vor; eventuell greift der Denkmalschutz. Hier liegt der Wertzuwachs bei 15 Prozent.3
Barer Höfe, Barer Straße 77: im Eigentum von Legat Living. Das Immobilienunternehmen reißt ein Rückgebäude ab und baut luxuriöse und teuerste Wohnungen neu. Das Vorderhaus soll saniert werden, dazu wird das Gebäude aufgestockt. Die ehemaligen Mieter sind längst ausgezogen; bis zum Beginn der Bauarbeiten bleibt das Gebäude leer. Dies gilt der Stadt als „berechtigter Leerstand“.4
Türkenstraße 50: ebenfalls im Eigentum von Legat Living. Wohnungen stehen hier seit Längerem leer; das Vorderhaus soll saniert und das Rückgebäude abgerissen und neu gebaut werden. Den Leerstand kommentiert die Stadt nonchalant: „Ein gerechtfertigter Leerstand liegt vor, wenn Wohnraum renoviert, umgebaut oder verkauft werden soll und deshalb vorübergehend leer steht.“4
München agiert gegen Zweckentfremdung. Wohnimmobilien als Geldanlage: ein altes Problem, das sich jetzt noch durch die immens gestiegenen Immobilienpreise verschärft. Häuser und Wohnungen stehen leer, weil die Eigentümer nach zehn Jahren die Immobilie steuerfrei zu beliebig hohen Preisen weiterverkaufen können. Der Steuerberater Franz Xaver Kirschner (FDP) schätzt den Bestand an leer stehenden Spekulationswohnungen in München auf 5000 bis 7000. Kirschner forderte in diesem Zusammenhang eine Steuerfreiheit nach zehn Jahren nur für den Fall, dass die Wohnimmobilie mindestens neun Jahre vom Eigentümer selbst bewohnt oder vermietet war. Das Sozialreferat erklärte, dass die Leerstandsquote “sehr gering” sei; man habe aber keine Leerstands-Daten zum Münchner Wohnungsbestand. 2021 hat das Referat 3253 Verfahren wegen Zweckentfremdung von Wohnraum eingeleitet: Bei 866 von ihnen wurden unter Auflagen Genehmigungen erteilt, in 823 Fällen lag ein Abbruch vor.
Die Stadt München forderte zur Feststellung von Leerstand Tipps aus der Bevölkerung. 2018 gab es hierzu über 3500 solcher Tipps, 2019 waren es 1033, 2020 dann 658 und 2021 nur 576. Als Maßnahme gegen Leerstand hat die Stadt seit Anfang 2022 die Zweitwohnungssteuer von neun auf 18 Prozent verdoppelt. Allerdings fällt es oft schwer, die wirklichen Eigentümer wegen verschachtelter Firmenkonstellationen herauszufinden, die oft im Ausland angesiedelt sind.5
- Kleber, Irene, Rathaus-Linke prangern Wohnungs-Leerstand in München an, in abendzeitung-muenchen.de 30.7.2020 [↩]
- https://www.northdata.de/Sachs,+Michael+Georg,+M%C3%BCnchen/guz [↩]
- Krass, Sebastian, Gegen die Leere in den Häusern, in SZ 18.11.2020 [↩]
- Mühleisen, Stefan, Die Rechtsgrundlage fehlt, in SZ 19.11.2020 [↩] [↩]
- Krass, Sebastian, Ott, Klaus, Was die Stadt gegen Zweckentfremdung tun kann, in SZ 13.4.2022 [↩]