Aktualisiert 15.7.2022
SIQ: S-Bahn-Initiative Qualität. Die S-Bahn soll besser, pünktlicher, zuverlässiger werden. An der SIQ nehmen u. a. teil: Aktion Münchner Fahrgäste, der BN Kreisgruppe München, Green City, das Münchner Forum, der VCD. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) wurde 1995 gegründet und ist komplett im Besitz des Freistaats. Sie koordiniert den Schienenpersonennahverkehr und hat auch Verbesserungspläne: mehr Regionalzüge zur Entlastung der S-Bahnen, Züge mit höheren Kapazitäten, ein Halbstundentakt.1
Das fatale System: Wachstum = Zuzug = hohe Münchner Mieten = S-Bahn-Ausbau = hohe Mieten außerhalb.
Kurzer Rückblick. 1963 hatte sich die Stadt mit der deutschen Bundesbahn geeinigt, dass die Bahn die Stammstrecke betreibt: Damit endete der „Trassenstreit“. Am 25.4.1966 bekam München die Olympischen Spiele 1972, welche die bereits bestehenden Pläne beschleunigten.. Am 15.6.1966 begann der Bau der ersten Stammstrecke, die im Frühjahr 1972 fertiggestellt wurde. Am 28.4.1972 fuhren die ersten Züge durch den neuen Stammstrecken-Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Ostbahnhof. Am 28.5.1972 begann der S-Bahn-Betrieb mit dem Umland: Die S-Bahnzüge fuhren aus dem Umland in den Tunnel ein und wieder aus. Damit startete auch der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV). Die Kosten für die erste Stammstrecke verdoppelten sich auf rund 906 Millionen DM. Das S-Bahn-Netz war anfangs 360 Kilometer lang und hatte 136 Bahnhöfe. 1974 waren 139 Züge verfügbar, 1984 waren es schon 191. Die Prognosen lagen bei täglich 240.000 Fahrgästen; tatsächlich waren es im ersten Jahr schon über 430.000. Aktuell fahren im Durchschnitt 840.000 Fahrgäste täglich mit der S-Bahn, in Spitzenzeiten bis zu 950.000.2
Rückgrat mit Wirbensäulen-Problemen. 2023 wird die Münchner S-Bahn 50 Jahre alt. Das Liniennetz ist aktuell mehr als 520 Kilometer lang; 270 Züge fahren täglich über 1000 Fahrten. Die Anfälligkeiten steigen, auch wenn die Deutsche Bahn das Wort „Störung“ durch „Reparatur“ ersetzt hat. Die Störungen kommen zum Teil durch Personalmangel, durch technisch bedingte Ausfälle, durch Wetterbedingungen wie Schneefall und – immer häufiger – durch das Erreichen der Kapazitätsgrenzen. In Pandemiezeiten kommen Polizeieinsätze durch Maskenverweigerer hinzu. Laufend müssen Komponenten an den Fahrzeugen und der Gleisinfrastruktur erneuert werden. Im Mai 2023 wird das alte Relais-Stellwerk am Ostbahnhof durch ein neues elektronische Stellwerk ersetzt werden; Kostenpunkt 222 Millionen Euro.3
Ausbau vom Pasinger Bahnhof. Hier halten jeden Tag 1000 Züge, und etwa 100.000 Fahrgäste frequentieren den Bahnhof. Eine halbe Milliarde Euro will die Deutsche Bahn hier bis Mitte der 30er Jahre investieren. Im Norden wird für den Fernverkehr ein neuer Bahnsteig mit Aufzügen und Rolltreppen installiert, dazu eine 1,3 Kilometer lange Lärmschutzwand errichtet. Der Südbahnsteig wird erweitert. Westlich kommt ein großer Gleisumbau, um die S 4, S 6 und S 8 sowie Fernverkehrszüge zu beschleunigen. Der vierspurige Ausbau der S 4 zwischen Pasing und Eichenau geht in Planung. Die zweite S-Bahn-Stammstrecke soll nun 2028 in Betrieb gehen.4
Zweite S-Bahn-Stammstrecke: Verzögerungen und Kostensteigerungen.
(1) 2019 sollten die Tunnelbohrungen beginnen, bis 2021 die Gruben für die drei neuen Bahnhöfe fertig sein, 2026 die ersten S-Bahnzüge rollen. Nun begannen man erst im Januar 2022 mit dem Aushub der Tiefbahnhöfe Hauptbahnhof und Marienhof: Bei beiden neuen Bahnhöfen werden die Bagger bis 2024 brauchen, um auf die Tiefe von 40 Meter zu kommen. .Baugenehmigungen für den Streckenabschnitt Ost. Die Fertigstellung der Zweiten Stammstrecke wird nun von der DB mit 2028 angegeben.
(2) Den Abriss des alten Empfangsgebäudes im Mai 2019 bezeichneten Bund Naturschutz, Münchner Forum, die Linke und andere Organisationen als „Bahnhofsmord“. Ein Antrag gegen den Abriss vor dem Bayerischen VGH war nicht erfolgreich.
(3) Die DB hat ihre Autoverladung am Ostbahnhof eingestellt: Auf dem Gelände des ehemaligen Terminals an der Friedenstraße soll nun der dritte Bahnhof der Zweiten Stammstrecke oberirdisch entstehen. Ein in privater Hand befindliches Bahnunternehmen bietet aber Reisen per Auto-Zug an und legte Rechtsmittel gegen eine Verlegung des Terminals nach Kempten ein, genauso wie der VCD. Aktuell befahren etwa 950 Züge die Stammstrecke; mit der Zweiten Stammstrecke könnten es mindestens 1200, maximal 2000 werden.5
4) Die Kosten: begannen 2012 mit 2 Mrd. Euro, liegen Anfang Juli 2022 bei 7,2 Mrd. Euro.
Vgl.: ÖPNV, Zweite S-Bahn-Stammstrecke
- Schubert, Andreas, Eine Frage des Taktes, in SZ 2.10.2020 [↩]
- Schubert, Andreas, Auf großer Fahrt, in SZ 28.4.2022 [↩]
- Schubert, Andreas, Das „Rückgrat“ des Nahverkehrs hat es an der Bandscheibe, in SZ 20.12.2021 [↩]
- Schubert, Andreas, Pasinger Bahnhof wird ausgebaut, in sueddeutsche.de 13.5.2022 [↩]
- Schubert, Andreas, Achtung, Hindernisse auf den Gleisen, in SZ 5.4.2022 [↩]