Aktualisiert 5.3.2023
Aus Wikipedia: Anteilskauf: „Der Anteilskauf (englisch Share Deal) ist im Rahmen eines Unternehmenskaufs oder einer Unternehmensübernahme der Erwerb der Mehrheit der Anteile eines Unternehmens. (…) Ein Anteilskauf von Anteilen an einem Immobilienunternehmen (meist Kommanditgesellschaft) kann zu einer deutlich reduzierten Grunderwerbsteuer führen. Wenn mindestens 95% der Anteile an einer grundstückshaltenden Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen, liegt ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang im Sinne von § 1 Abs. 2a GrEStG vor. Dabei bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht nach dem Verkehrswert der Immobilien, sondern nach dem Grundbesitzwert bzw. Bedarfswert, der gemäß §§ 138 ff. BewG für vermietete Immobilien nach einer bestimmten Formel berechnet wird. Werden weniger als 95 % übertragen, entsteht keine Grunderwerbsteuerpflicht.“
Die Haltung der Stadt. Die Stadtratsfraktion von Grünen und Rosa Liste hatte im November 2017 beim Kommunalreferat angefragt: “Share Deals: Steuern sparen zu Lasten der Landeshauptstadt?” OB Dieter Reiter (SPD) konstatierte eine “preistreibende Wirkung” der Share Deals: “Deshalb kritisieren wir seit vielen Jahren das Rhema Share Deals.”1
Wilhelmstraße 27: Die Omega Wilhelmstraße GmbH wird 2019 von der Omega AG an die Mitten in Schwabing GmbH verkauft: Die Anteile gehen an den Geschäftsmann G. aus einem Münchner Vorort (11 Prozent) und eine Cone Capital AG, Bleicher Weg 19, Zürich (89 Prozent). Der Verkauf war ein Share Deal: Es wurden Anteile unter 95 Prozent an der Firma verkauft und nicht das Grundstück selbst, sodass keine Grundsteuer anfällt.
Vonovia will Deutsche Wohnen übernehmen. Da Vonovia keine Immobilien von Deutsche Wohnen kauft, sondern sich die Mehrheit an der Börse besorgen will, fällt aufgrund des Share Deals keine Grunderwerbsteuer an. Das ist für die Finanzsprecherin der Grünen, Lisa Paus, ein „skandalöses Millionen-Schlupfloch“.2.
Zusammenlegung Gewofag und GWG. Die grün-rote Münchner Rathaus-Koalition plante schon länger die Fusion der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG. Vor Weihnachten 2022 soll die Vollversammlung des Stadtrats diese Zusammenlegung beschließen, die ab 1.1.2024 unter dem Namen “Münchner Wohnen” firmieren wird. Gewofag und GWG haben zusammen etwa 70.000 Wohnungen. Damit nicht riesige Grunderwerbssteuern anfallen, bringt München in die Gewofag-Holding (mit der Heimag) 89,9 Prozent der GWG-Anteile ein: 10,1 Prozent verbleiben bei der Stadt. Die Übernahme soll dadurch steuerneutral erfolgen und die 10,1 Prozent später übertragen werden.3
Dieses Modell des Grundsteuer-sparenden Modells “Share Deal” hat sich die Stadt von Investoren abgesehen.
Auch Stadt nutzt umstrittenen Share Deal. Üblicherweise wird diese Investoren-Masche geächtet: Bei Übernahmen mit einem Rückbehalt von über 10 Prozent der Anteile fällt keine Grunderwerbssteuer (in Bayern 3,5 Prozent) an. Nun bedienst sich die Stadt bei der Fusion von GWG und Gewofag zu Münchner Leben selbst dieser Methode. Vertreter der Grünen und der SPD eiern angesichts dieses Sachverhalts einigermaßen herum: nur “vorübergehend”, “verkauft wird nichts”, “sozialer Zweck im Mittelpunkt”. 2021 hatte die Stadt 6,47 Milliarden Euro Steuereinnahmen: Davon kamen 264 Millionen Euro über die Grunderwerbssteuer. Bei geschätzten 20 Milliarden Euro Grundvermögen von GBW und Gewofag würden rund 700 Millionen Euro Grundsteuer anfallen.1
Von der Herzogstraße 84 zur Herzogstraße 86. Der skandalöse Neubau eines Rückgebäudes in der Herzogstraße 84 hat wohl auf die Herzogstraße 86 ausgewirkt. Deren Eigentümerin ist 2020 gestorben: Nun gehört das Areal der Thurner Verwaltung GmbH, München, und der Herzog Hausverwaltung GmbH, Pöcking als Erbengemeinschaft. Als deren Vertreter fungieren Vincent Dowry (22 Jahre alt) und Christian Lealahabumrung, bekannt als Geschäftsführer der Rock Capital Group. Wegen letzterer bestehen Vermutungen, dass es sich um einen Share Deal handeln könnte; dem widerspricht die Erbengemeinschaft.
Das Vorderhaus von 1899 steht unter Denkmalschutz. Nun kommt auf die Bewohner der elf Wohnungen im Vorderhaus und der fünf Wohnungen im Hinterhaus eine Sanierungswelle zu. Auf der Sitzung des BA Schwabing – West wurden die Umbaupläne erörtert: Änderung von Grundrissen, Einreißen von Wänden, Neuaufteilung der Wohnungen. Die Mieter vermuten Umbauten in Richtung Luxussanierung. Der BA Schwabing – West lehnte die Pläne ab. Das BLfD will nun auch das Rückgebäude begutachten.4
- Krass, Sebastian, Stadt nutzt ungeliebten Steuertrick, in SZ 7.2.2023 [↩] [↩]
- Busse, Caspar, Müller-Arnold, Benedikt, Das Milliarden-Monopoly, in SZ 26.5.2021 [↩]
- Krass, Sebastian, Aus GWG und Gewofag wird “Münchner Wohnen”, in SZ 14.12.2022 [↩]
- Draxel, Ellen, Goldhannes fürchtet den Rauswurf, in SZ 25.2.2023 [↩]